Sekundenschlaf am Steuer
Auswirkungen eines Sekundenschlafes im Straf- und Administrativmassnahmeverfahren sowie unter Berücksichtigung der versicherungsrechtlichen Aspekte.
Was ist ein Sekundenschlaf?
Wie es der Name schon sagt, schläft der Führer eines Motorfahrzeuges am Steuer ein. In der Regel resultiert daraus ein Unfall mit Sach- und/oder Personenschaden. Juristisch gesprochen führen Sie das Fahrzeug in einem fahrunfähigen Zustand, was verkehrsrechtlich natürlich untersagt ist.
Wie müde darf ich sein am Steuer?
Als fahrunfähig gilt, wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel, Arzneimitteleinfluss, Übermüdung oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt (Art. 31 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VRV). Die erforderliche Leistungsfähigkeit ist die momentane körperliche und geistige Befähigung, ein Fahrzeug während der gesamten Fahrt sicher zu führen. Auch wenn plötzlich auftretende, schwierige Verkehrs- oder Strassensituationen auftreten.
Wie soll mit die Strafbehörde nachweisen können, dass ich eingeschlafen bin?
Es ist oft so, dass ein Sekundenschlaf nicht bewiesen, sondern nur nachträglich aufgrund des Unfallhergangs und weiteren Indizien erschliessen lässt. Oft werden auch belastende Erstaussagen direkt gegenüber der Polizei getätigt. Das Bundesgericht erwähnt beispielhaft folgende Indizien:
- Vorliegen einer „Baldzuhause-Situation“
- Unterforderungssituation, gut bekannten und anspruchslose Strecke, gerade Streckenabschnitte vor Kurven (BGE 126 II 206 E. 1a S. 208)
- Schlafdefizite
- Die Fahrt bei Nacht
- Alleinfahrt
- Keine Bremsspuren oder Ausweichmanöver
- Keine «Umdämmerung» nach dem Unfall, meist unauffällig, keine Anzeichen von Müdigkeit
Ich wusste doch nicht, dass ich einschlafen werde, bin ich trotzdem strafbar?
Das Delikt kann sowohl vorsätzlich (d.h. mit Wissen und Wollen) als auch fahrlässig begangen werden. Vorsätzliche Begehung kommt in der Regel nicht so schnell in Betracht, weil man sich nicht selber verletzen will und dies auch nicht in Kauf nehmen möchte.
Fahrlässigkeit liegt vor, wenn eine Person infolge einer pflichtwidrigen Unvorsichtigkeit nicht erkennt, dass sie sich in einem fahrunfähigen Zustand befindet oder ein solcher eintreten könnte, und trotzdem ein Fahrzeug führt.
Fahrlässig handelt etwa, wer in der Hoffnung wach zu bleiben subjektiv erkennbare Ermüdungserscheinungen unbeachtet lässt und seine Fahrt fortsetzt (BGer 6B_26/2016 vom 6. Juni 2016 E. 3.2).
Das Bundesgericht schliesst aus, dass bei einem gesunden und nicht aus anderen Gründen fahrunfähigen Fahrzeugführer ein Einschlafen am Steuer ohne vorherige subjektiv erkennbare Ermüdungserscheinungen eintritt (BGE 126 II 206 E. 1a S. 208 f.; BGer 1C_25/2016 vom 4. Juli 2016 E. 2.4; 6B_26/2016 vom 6. Juni 2016 E. 3.5).
Welche Strafe droht mir?
Wer in fahrunfähigem Zustand ein Motorfahrzeug führt, wird gemäss Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Wird mir der Führerausweis entzogen?
Verkehrsrechtlich wird das Handeln als schwere Verkehrsregelverletzung eingestuft, was einen Mindestentzug Ihres Ausweises von drei Monaten zur Folge hat.
Achtung: Kann man sich nicht erklären, weshalb man eingeschlafen ist (also zum Beispiel lange nicht oder sehr kurz geschlafen), und wird Ihre Gesundheit in Bezug auf Ihre Fahreignung in Frage gestellt, kann eine verkehrsmedizinische Untersuchung und auch ein vorsorglicher Sicherungsentzug angeordnet werden.
Was bezahlt meine Versicherung?
Bis im September 2023 war es für die Versicherungen eine gesetzliche Pflicht, auf Sie Rückgriff resp. Regress zu nehmen, wenn ein Schaden eingetreten ist. Dann hilft Ihnen auch kein vereinbarter Grobfahrlässigkeitsschutz. Ein Grobfahrlässigkeitsabzug wird von den Versicherungen in der Regel in Höhe von 15-30 Prozent vorgenommen. Oft kann dieser aber mit guten Verhandlungen mit der Versicherung noch reduziert werden.
Anwalt für Verkehrsrecht
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